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Küchengeschichten Teil 1: Oma Mimi

von Nils

Oma Mimi stand im Mehlnebel der heimischen Küche. Mit roten Wangen und den erfahrenen Griffen von acht Jahrzehnten Dorf- und Familienleben knetete sie den Kuchenteig, während im Hintergrund schon der große Suppentopf für die noch größere Familie brutzelte. Das Leben auf dem Land war Knochenarbeit und zwischen der Versorgung des Viehs, dem Richten eines Weidezauns und dem Hacken von Holz für den bevorstehenden Winter galt es fit zu bleiben. Sich aufzuwärmen, zu stärken und gesund zu bleiben gehörte dazu, um  für die nächsten Aufgaben und die langen Tage auf dem Land gerüstet zu sein…die meist begannen, bevor der Hahn um sechs Uhr krähte.

Der Küchentisch – gedeckt mit gesundem Essen und dem was die Beete und der Stall so hergaben – war der Platz, an dem die Familie an wenigen Momenten des Tages zusammenkam, sich austauschte und Atem schöpfte, bevor es  weiterging.

Natürlich war es üblich auch Fleisch zu essen. Doch das war selten. Erna die Familienkuh war nicht nur der Milch- und Butterlieferant, sondern auch der Liebling der Kinder und ein Trost für den fehlenden Vater, der sich im Krieg befand. Erna, die im Sommer stoisch auf einer Weide nahe des Waldes graste, kam bereitwillig zum Melken, wenn Oma Mimi und einer der Söhne mit Melkschemel und Eimer anradelten.

Zurück daheim galt es aus dem Wenigen viel zu machen. Hinter dem Haus wuchs ein prächtiges Gemüsebeet und zwischen Kartoffeln, Bohnen, Erdbeeren und Salat pickten die Hühner. Eier landeten im Korb.

Direkt hinter der Küche führte eine knarzende Holztreppe hinab in den kalten Vorratsraum im Keller. Selbst die kleine und dürre Mimi musst sich ducken, um Einmachgläser mit Kirschen, roter Beete und Birnen zu erreichen.

Es war ein altes Haus mit paradiesischen Zügen und einigen Geheimnissen. Wohl behütet von einer aufgeweckten Frau mit noch aufgeweckteren blauen Augen, denen nichts entging. Oma Mimi wusste, wie sie Sachen verbergen konnte, die keiner finden sollte. Direkt hinter der Treppe befand sich ein loser Mauerstein. Herausgehebelt offenbarte er einen kleinen Hohlraum, in dem sich zu Kriegszeiten wertvolles Mehl, Brot und gepökeltes Fleisch befanden.

Oma Mimi verstand es aus den heimischen Zutaten fantastische Gerichte zu zaubern und die Familie glücklich zu machen. Noch heute erinnert die provisorisch zugemauerte Stelle an dieses Versteck.

 

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